Wir haben uns mal wieder in die Stummfilmzeit begeben und Der Vagabund und das Kind von Charlie/Charles Chaplin geschaut. Jede Menge mit Perfektion ausgeführter Gags und eine anrührende Geschichte sagen uns durchaus zu. Aber es gibt doch sicher auch Schwachstellen, oder?
Der Film im Netz: OFDb* | moviepilot | IMDb
Hallo Jungs,
Auf Maxens Empfehlung hin habe ich mir Euer Gespräch angehört – als großer Freund des Films teile ich Christians Begeisterung, was z.B. das Schauspiel des Kinds oder die Elendsdarstellung betrifft.
Zwar ist meine letzte Sichtung schon etwas her, aber ich hoffe, ich kann zur Klärung zweier Punkte noch etwas ins Feld führen:
1. Warum gibt die Frau ihr Kind überhaupt weg? – Es ist zuallererst ein uneheliches Kind, für damalige Verhältnisse immer noch ein unhaltbarer Zustand, zumindest in „besseren“ Kreisen
2. Warum das scheinbar forcierte Happy End? – Chaplin zitiert eine seit Fieldings „Tom Jones“ (1749), spätestens aber seit Charles Dickens‘ „Oliver Twist“ (1839) geläufiges und beliebtes Motiv, das des armen Waisenkindes, das zu guter Letzt ins angestammte reiche Elternhaus zurückfindet. Auch die kriminelle Laufbahn von Oliver Twist/The Kid stimmt überein, insofern ist der Film zutiefst Dickens verpflichtet – und das erkannte vermutlich auch das damalige Publikum. Also: Alles richtig gemacht 😉
Gruß, ratz
zu 1.) Natürlich, das war damals sozialer Selbstmord. Die Schwangerschaft war wohlmöglich sogar ungewollt und ohne Einvernehmen.
zu 2.) Interessant, mit Dickens bin ich nicht gut vertraut. Aber das märchenhafte Fabulieren angesichts furchtbarer Armut liegt auf der Hand.
Danke für diese Einblicke, lieber ratz!
Bei dem Film ist mir vor allem der Kampf von Charlie gegen die Jungendfürsorge in Erinnerung. Er kapert ja glaube ich ihren Laster, war eine sehr emotionale Szene. Einfach schöner Film.
Das Happy End ala Dickens hat glaube ich den Grund um aufzuzeigen dass auch ein Kind aus gutem Haus in so eine Lage kommen kann und so die Distanz genommen werden soll. Schließlich glaubten die oberen Klassen damals nicht dass sie Glück hatten in die richtige Familie geboren worden zu sein sondern hatten eben ein tiefes Klassenbewusstein. Fragt sich ob das heute anders ist.