Nach unserer XXL-Straw Dogs-Analyse bewegen wir uns jetzt wieder in kürzeren Regionen. Regie-Tausendsassa Jesus Franco, der nicht nur viele Pseudonyme verwendete, sondern noch mehr Filme drehte, hat in den 60ern der Spielart des „Mad Scientist“ seine ganz eigene Note verpasst mit dem Geheimnis des Dr. Z.
Im Gespräch über die umfangreichen Filmographie von Franco saßen wir übrigens einem Irrtum auf: Cannibal Holocaust von 1980 ist von Ruggero Deodato. Jesus Franco war im gleichen Jahr für den thematisch ähnlich gelagerten Mondo Cannibale verantwortlich.
Mit dem europäischen Genrekino habt ihr es ja nicht so, oder? Franco gleich mit D’Amato und Deodato zu verwurschteln ist schon dimensionsbrechend. Mit dem Geheimnis desDr. Z habt ihr euch natürlich einen genialen Film ausgesucht und definitiv einen der besten Jess Francos, innerhalb meines Horizonts noch immer DER Beste. Die DVD, die sogar nur auf 1000 Stück limitiert ist, ist leider überhaupt nicht gut gegangen, weshalb Subkultur verständlicherweise nicht so sehr viel in dieser Richtung unternimmt. Das Problem ist, daß Franco eher die Schmuddelfilmfreunde anspricht, die mit diesem Kunstwerk nicht erreicht werden. Andersherum ist Franco unter den Freunden der Fu Man Chu und Wallace Filme nicht unbedingt als Held angesehen. Das ganze noch in S/W ist für den Markt nicht einfach, wobei ich gehört habe, daß perverserweise die Download-Zuschauer gut auf den Film eingestiegen sind. Da gibt es definitiv Potential umzudenken, was Wertschätzung von Filmen angeht.
In „Mari-Cookie and the Killer Tarantula“ zitiert sich Franco ein wenig selbst und man sieht gerade bezüglich der Spinnenschau sehr gut, wie „Das Geheimnis des Dr. Z“ als billiger Videofilm hätte aussehen können. Es ist tatsächlich so, daß der alte Filmlook dem „Dr. Z“ sehr umschmeichelt. Alejandro Ulloa hat sich da im Gennrekino ja auch weiter hervorgetan, in diversen Western und Fulcis genialem „Nackt über Leichen“ zum Beispiel. Unter den Schauspielern würde ich mir Howard Vernon mal ansehen, der in unzähligen Franco-Filmen vor der Kamera stand, aber auch mal für Godard und andere. Das ist eins der Gesichter, die man schon kennen kann.
Franco hat später ja mit seinen improvisierten Arbeiten auch oft sein Leben improvisiert, teilte ein Budget, um einfach einen zweiten Film davon zu drehen und war ständig Gläubigern verpflichtet. Seine Mondo Cannibale Auswürfe gehören da schon zu seinen schlechten, aber längst nicht seine schlechtesten Machwerken. „Das Geheimnis des Dr. Z“ steht da am ganz anderen Ende und zeigt, welche Fähigkeiten Jess Franco unter vernünftigen Bedingungen entwickeln kann. Ich bin auch überzeugt, daß gerade zum französischen Film starke Parallelen bestehen; etwa als sei der Expressionismus direkt in die Nouvelle Vague übersetzt worden.
Was den ominösen „Cannibal Holocaust“ angeht, so handelt es sich wirklich um einen kontroversen Film, der aber zum Teil auch absichtlich mit Legenden umgarnt wurde, die einem jungen Publikum oftmals zu viel versprechen, weil sie vollkommen anders an so ein Werk herangehen. Sicher ist es fragwürdig, wie teils ausschließlich über die Tierszenen debatiert wird, während nebenher grausame Vergewaltigungen wie selbstverständlich hingenommen werden. „Cannibal Holocaust“ kontrastiert Zivilisation und Wildnis, Gewalt und den wunderschönen Soundtrack von Riz Ortolani und es soll hinterfragt werden, ob der Wilde als solches die wirkliche Bestie ist, oder eben die aufgeklärten Städter, die in den Weiten des Dschungels ihre Moral hinter sich lassen. Dabei untergräbt sich Deodato teils – eben auch durch die Tierszenen – selbst, was dem Film eine gewisse Ironie gibt, die als schwarzer Schatten über einem Werk liegt, das man mit einem dicken Klos im Hals schwerlich als schön, jedoch als nachhaltig aufwühlend bezeichnen kann. Wenn es einen Kannibalenfilm gibt, der funktioniert hat, dann dieser. Da kann weder Deodato selbst mit seinem „Mondo Cannibale 2“ noch Sergio Martino mit „Die weiße Göttin der Kannibalen“ mithalten, der komplett ungeschnitten ebenso ein paar Schläge in die Magengrube bereithält.
Jo, europäisches Genrekino ist bei mir definitiv eine riesige Landkarte mit gaaaanz vielen weißen Flächen. Gerade deshalb finde ich ja auch solche Entdeckungen wie eben den Dr. Z so toll! Schön wäre natürlich, wenn der Film jetzt vielleicht noch den einen oder anderen anspricht und er sich einen Ruck gibt, den auch mal anzuschauen.
Klar, kann man auch bei weiteren Schauspielern noch in die Filmographien schauen. Aber für mich ist das dann eher so ein Vorgaukeln, wenn ich jetzt etwas über ihn erzählt hätte, wo ich selbst gar nicht dahinterstehen. Denn ich kenne bei ihm einfach nichts weiter/habe nichts von ihm gesehen. Bzw. falls es deinerseits eher ein „Guckt euch ruhig mal mehr Filme von ihm an“ sein sollte: gerne, wenn es sich findet. 🙂
Hehe, nee, allein aufgrund der vielen durchwachsenen Franco-Filme bin ich nun wahrlich kein Vernon-Fan. Aber es klang so, als sei in dem Film gar keine Prominenz dabei. Das kann man so nun auch nicht sagen. Wenn du europäische s/w Horrorfilme aus der Zeit willst, dann schau dir Das Schreckenshaus des Dr. Rasanoff, Schloss des Schreckens und Die Nackte und der Satan an. Das ergänzt sich ganz gut. 🙂
Ja, da müssen wir noch deutlicher herausstellen, dass es für uns eher noch Unbekannte sind.
Schloss des Schreckens habe ich mich schon durchgegruselt. Kam bei mir nicht ganz an Bis das Blut gefriert ran, aber war auch sehr, sehr stark. Den Rasanoff müsste ich mir auch mal vornehmen, da gibt’s doch jetzt auch (bald?) was von Arrow, wenn ich mich recht entsinne.
Bei Schloß des Schreckens bin ich einfach total in die erzählerische Bildgestaltung und die Tatsache verliebt, daß es den Grusel ohne wirkliche Vorkommnisse gibt.
Über Rasanoff-Releases bin ich nicht auf dem Laufenden. Aber es gibt ihn zumindest in Deutschland zu kaufen. Ich hab mich davon verabschieded, von allem auch noch Upgrades machen zu wollen. Derzeit kaufe ich lieber noch mehr billige DVDs dazu, da habe ich mehr von. Ab und zu dann wirklich besondere Sachen auf Blu-ray, oder wenn sie von vornherein interessant genug sind, um sie gleich so zu kaufen.
Jo, Schloss des Schreckens punktet deftig mit der atmosphärischen Inszenierung.
Habe gerade nochmal geschaut, war nicht Arrow, sondern sogar das BFI. Die bringen den am 21.7. als Dual-Format-Edition raus. Die deutsche DVD ist ja anscheinend geschnitten (Eyecatcher mag ich persönlich nicht so).